Krebsessen – Kräftskiva

von | 14.09.2019 | Tischkultur

Bereits das dritte Jahr in Folge, reise ich im August nach Stockholm um das traditionelle „Kräftskiva“ (Krebsessen) zu erleben. Damit wird in Schweden das Ende des Sommers eingeläutet.

Foto: Shutterstock

Das Ende des Sommers einläuten

Die Schweden genießen das Krebsessen etwas anders als bei uns, lockerer und mit weniger Aufwand, als bei uns in Restaurants. Es ist ein geselliges Gericht, das man am besten in größerer Gesellschaft genießt und bei dem man überwiegend seine Hände benutzt.

Ich hatte in einem typisch, schwedischen Lokal einen Tisch reserviert. Das Restaurant war sehr schön mit Lampions und Wimpeln mit Krebsmotiven geschmückt. Auf dem Tisch lag für jede Person ein kleiner Papierhut. Was uns an Karneval erinnert, ist dort typisch für das Krebsessen. Es war eine wunderbare lockere Atmosphäre.

Auf dem Tisch waren Messer und Gabel, sowie auf der linken Seite ein Brotteller mit Brotmesser, sowie einer Stoffserviette eingedeckt. Weiterhin standen auf dem Tisch ein kleiner Ständer mit roten Papierservietten und kleinen, abgepackten Erfrischungstüchern. Speziell wird ein kleines Messer mit einem Loch in der Klinge, auf der rechten Seite mit eingedeckt, um die Scheren aufbrechen zu können und besser an das Krebsfleisch zu kommen. Dieses spezielle Krebsmesser ist das Haupt „ Werkzeug“ für diesen Abend. Eine Menükarte verrät, wie die Krebse serviert werden.  Auch Trinklieder, die an diesem Abend sehr wichtig sind werden dort aufgeführt. Nach einer Auswahl von verschiedenen Brotsorten (überwiegend Knäckebrote) mit Butter, beginnt die eigentliche Freude. Dann ging es los!!

Serviert wurde in einer mittleren Porzellanschüssel ca. 1 Kilogramm gekochte, signalrote Krebse (Signalkräfta) im Sud. Garniert war die gefüllte Schüssel mit frischen Dilldolden. Die Krebse werden in der Regel 24 Stunden vorher gekocht ( lebend in kochendes Wasser geworfen ) und im würzigen Sud mit viel Dill anschließend ziehen lassen.  Darum werden sie auch kalt serviert. Außerdem gibt es eine Platte mit getoasteten Weissbrotecken, sowie kleine Scheiben vom „Västerbottensost“ (spezieller schwedischer Hartkäse) außerdem bekommt noch jeder einen kleinen Käse pie in Form eines Tortenstücks.

In Gesellschaft schmeckt das Essen besser

Es wird ein großer flacher Teller eingedeckt und so kann man Krebs für Krebs auf den Teller legen und auslösen. Bevor der Krebs ausgelöst wird, ist es eine Delikatesse am Unterteil des Krebs den wunderbaren Sud etwas auszusaugen. Anschließend dreht man den Schwanz aus dem Brustteil.  Entweder bricht man ihn mit beiden Händen aus der Schale oder man benutzt das Krebsmesser um den Schwanz in der Mitte zu teilen und mit der Gabel das Krebsfleisch zu entnehmen. Zwischendurch isst man immer ein Stück von der Toastschnitte mit Käsestücken belegt oder ein Stück des pikanten Käsekuchens. Nun bricht man die Scheren vom Körper ab und geht mit dem Loch in der Krebsmesserklinge in die Spitzen der Scheren. Diese werden abgebrochen, sodass kein Vakuum entsteht und man das Fleisch besser aus den Schalen der Scheren entnehmen kann. Die Klinge des Messers wird auch benutzt um die Seiten der Scheren besser aufzuschneiden. Die dünnen Beine lassen sich eventuell etwas aussaugen. Die leeren Karkassen (Schalen) werden auf einem eingedeckten Abfallteller abgelegt.

Die Hände werden bei diesem Gericht sehr oft gebraucht. Zwischendurch kann man sich die Hände mit der Papierserviette und dem Erfrischungstuch reinigen bevor man zu Glas greift. In manchen Restaurant bekommt man auch Papierlätzchen, die man sich umhängen kann, um die Kleidung besser zu schützen. Zum trinken wird entweder ein trockener Weißwein empfohlen oder ein frisches skandinavisches Bier. Auf jeden Fall gehört ein eiskalter Aquavit dazu, den man zwischendurch genießen kann. Wenn das Essen in der Familie oder mit Freunden genossen wird, werden immer noch spezielle Trinklieder gesungen.  Ein großer Spaß!

Oft kann man die Krebse im August schon fertig gekocht in den Markthallen kaufen. Bei uns hingegen ist das Krebsessen in einem Restaurant etwas förmlicher. Man bekommt außer dem Krebsmesser noch eine Krebsgabel mit zwei Zinken. Auch eine Fingerschale mit lauwarmen Wasser, Zitrone und Stoffserviette wird zu reinigen der Hände gereicht. Wenn es keine Lätzchen gibt, darf die Stoffserviette während des Essens um den Hals gelegt werden um sich vor Spritzern zu schützen.

Schon heute freue ich mich wieder auf das nächste Jahr wenn ich wieder ins Flugzeug nach Stockholm steige um die wunderbaren Krebse zu genießen. 


Manfred Lippert

Manfred Lippert ist seit mehr als vier Jahrzehnten in der internationalen Luxushotellerie aktiv.

Der Restaurant-Meister und Absolvent der Hotelfachschule Heidelberg hat sich in seiner Laufbahn im In- und Ausland immer dem Thema Umgangsformen gewidmet. Er vermittelt sein Wissen in Kursen und moderiert von ihm entwickelte Knigge-Menüs. Für die Steigenberger Hotel Group war der Etikette-Experte für die Aus- und Weiterbildung und die Durchführung von Trainings zuständig. Zu seinen vielfältigen Aufgaben gehörten die Erarbeitung von gastronomischen Qualitätsstandards und Vermittlung interkultureller Kompetenzen.

Heute widmet er sich mit seiner eigenen Firma täglich den Fragen, rund um  das Thema aktuelle Umgangsformen und zeitgemäßeTischkultur.

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