Herrenmode: eine Erinnerung an das Selbstverständliche

von | 23.08.2025 | Allgemein, Knigge, Etikette, Gesellschaft, Kleidung

Bildquelle © Shutterstock

Kleider machen Leute. Zwar kann ein gut sitzender Anzug den anständigen Charakter nicht ersetzen. Doch als visuelle Wesen beurteilen wir anderen Menschen zwangsläufig auch nach ihrem Äußeren. Egal, wie man sich kleidet: es ist eine Aussage. Wer im Jogginganzug zur Arbeit geht, sendet dadurch ebenso ein Signal aus wie jemand, der sich besonders festlich zu einem eher alltäglichen Anlass kleidet. Wir haben keine andere Wahl als darüber nachzudenken, wie wir uns kleiden. Denn überhaupt keine Kleidung zu tragen, wäre in den meisten Situationen ein mindestens ebenso auffälliges Signal 😉

An dieser Stelle deshalb die Erinnerung an zehn durchaus bekannte, aber keineswegs immer erinnerte Grundprinzipien der Herrenmode. Sie treffen fast ausnahmslos genauso auch für Damen zu, doch um die Damenmode ist es in Deutschland zum Glück weit weniger prekär bestellt.

 

Die eigene Form

Jedem Menschen steht irgendetwas. Doch nicht jedem das selbe. Es gibt folglich keine unschönen Körper, sondern einfach nur Kleidungsstücke, die einer Körperform mehr oder weniger entsprechen. Wer sich bezüglich seiner Passform unsicher ist oder nicht weiß, welche Farben ihm stehen, tut gut daran, sich dahingehend einmal professionell beraten zu lassen. Weniges verleiht so viel Zuversicht wie das Wissen, dass man etwas trägt, was einem wirklich gut steht.
Fun fact: ein Anzug steht jedem Mann. Das ist wohl auch der Grund, warum er sich als klassisches Bekleidungsstück so durchgesetzt hat. Jeder Mann sieht im Anzug besser aus. Doch nichts sieht schlechter aus als ein schlecht sitzender Anzug. Wichtiger als das edle Material ist die Form. Deshalb kauft man den Anzug im Idealfall entweder gleich beim Herrenausstatter oder lässt ihn nach dem Kauf vom Schneider noch einmal anpassen. Ein gut sitzender Anzug kann ein Leben lang Freude machen.

 

Zeitlose Klassik

Die klassische Herrenmode hat sich in den letzten 100 Jahren erstaunlich wenig verändert. Während kurzweilige Modetrends kommen und gehen, haben Anzug, Hemd, Krawatte, Gürtel und Schuhe die Jahrzehnte überdauert. In qualitativ hochwertige Klassiker zu investieren, ist deshalb auch finanziell eine nachhaltige Entscheidung. Dabei genügt eine kleine Auswahl an den immer gleichen Dingen: ein dunkler und ein heller Anzug, zwei farbige Chinos oder gut sitzende Jeans, ein paar Hemden, schwarze und braune Schuhe mit jeweils einem Gürtel im selben Ton, zwei Pullower. Passen all diese Kleidungsstücke wirklich gut, haben Sie eine große Anzahl an möglichen Kombinationen für fast alle Anlässe und sind immer perfekt gekleidet. Wenn Sie gute Qualität im mittleren Preissegment erstanden haben, haben Sie für all das weniger als 3000€ ausgegeben und können bei guter Pflege über viele Jahre hinweg Freude an Herrenmode haben, die Ihnen steht.

 

Kombinierbarkeit

Beim Einkaufen verlieben wir uns leicht in herausragende Einzelstücke, die man de facto dann aber selten trägt. Viel entscheidender beim Kauf ist aber die Kombinierbarkeit. Zu welchem Anzug passt dieses Hemd? Zu welcher Hose passt dieser Pulli? Je mehr Sie beim Einkauf auf die Kombinierbarkeit achten, desto weniger Fehlkäufe werden Ihnen unterkommen. Ein höherpreisiges Stück bester Qualität ist gut investiertes Geld, wenn Sie es in vielen Kombinationen tragen können.

 

Stand- und Spielbein

Wer immer nach der Regel spielt, ist langweilig. Wer die Regel dagegen gar nicht beherrscht, braucht von der Variante nicht zu träumen. Sie sollten über eine Auswahl an klassischen Looks verfügen, die über alle Zweifel erhaben sind. Wer dagegen immer nur klassisch gekleidet ist, wirkt oft steif. So kann ein ungewöhnlich gemustertes Hemd, ein buntes Einstecktuch, eine etwas knalligere Chino oder Sneaker zum Anzug die Lässigkeit bringen, die man bei einem weniger formellen Anlass sucht. Entscheidend ist hier die Regel: wer mehr als einen kleinen Stilbruch pro Look wagt, verlässt das sichere Terrain. So können die bunten Socken zum klassischen dunklen Anzug ein originelles Detail sein. Ist dazu jedoch die Krawatte zu lustig und das Einstecktuch knallgelb, wirkt das Ganze eher albern.

 

Lieber overdressed

Eine Regel, mit der man praktisch immer gut fährt: im Zweifelsfall lieber overdressed. Nichts ist peinlicher als eine Feier, zu der alle anderen in Abendgarderobe erscheint, doch man selbst in Jeans und T-Shirt. Wer dagegen versehentlich einen Anzug trägt, obwohl alle anderen „casual“ gekleidet sind, wird dafür eher Bewunderung ernten. Sollte der Anzug wirklich komplett deplatziert wirken, gibt es einige Tricks. Die Krawatte oder, wenn es die Temperatur erlaubt, das Sakko ausziehen und die Hemdsärmel hochkrempeln. Schon trägt man einen schicken Freizeitlook, den man in wenigen Schritten aber wieder zurück zur förmlichen Garderobe wandeln kann.

 

Harmonie und Varianz

Grundsätzlich gelten in der Herrenmode einige wenige, klare Regeln. Dazu gehört zunächst die Harmonie. Farben und Formen sollten zueinander passen. Schuhe und Gürtel müssen farblich zueinander passen. Bei der Harmonie kann man grundsätzlich nichts falsch machen, es gibt kein „zu viel“ an Harmonie. Auch monochrome Looks funktionieren wunderbar: ein dunkelblauer Anzug kann mit hellblauem Hemd und dunkelblauer Krawatte perfekt aussehen. Das selbe gilt für komplett schwarze Kombinationen. Wer Langeweile vermeiden will, kann die Harmonie dann durch gezielte Varianz aufbrechen. So kann der komplett blaue Look durch weiße Sneaker gebrochen werden. Es lebe die Vielfalt, doch nur, wenn auch die Gesetze der Harmonie beachtet werden.

 

Keine Experimente bei Codes

Einige sehr formelle Codes stehen bei der Herrenmode einfach fest. Abends ist der Anzug dunkel, unter Tags kann er hell sein. Smoking grundsätzlich nur abends. Anzug und Hemd brauchen entweder einen Gürtel oder Hosenträger. Sakko und Anzughose müssen aus dem selben Material sein. Muster werden nicht kombiniert. Wer sich unsicher ist, findet Auskunft in guten Ratgebern. Bei den Grundregeln aber gilt: keine Experimente!

 

Mut zur Farbe

Die Herrenmode in Deutschland ist allgemein zu trist. Immer nur schwarz und dunkelgrau zu tragen, zeugt von wenig Stilempfinden und Kreativität. Gerade wenn auffällige Farben gekonnt zu ganz klassischen Looks kombiniert werden, ist das Ergebnis ein Hingucker. Wer einen perfekt sitzenden dunklen Anzug mit einem originellen Einstecktuch, bunten Socken, einem ungewöhnlichen Hemd oder etwas ungewöhnlichen Schuhen kombiniert, zeugt von weltmännischer Eleganz. Trauen Sie sich!

 

Keine Angst vor dem Schneider

Es gibt nur wenige Männer, deren Körper für Anzüge von der Stange perfekt geeignet ist. Gerade was die Länge von Ärmeln und Hosenbeinen betrifft, sind Anpassungen oft unvermeidlich. Doch ein wenig zu lange Ärmel lassen den Anzug insgesamt zu groß und sackig wirken. Hier zu sparen, bedeutet, den ganzen Look zu verderben. Viele Herrenausstatter haben eine Schneiderei und passen den Anzug direkt nach dem Kauf an. Sollten Sie einen Anzug haben, der Ihnen gut, aber nicht perfekt passt, gehen Sie damit zu einem Änderungsschneider und lassen sich beraten. Das Anpassen eines Anzugs kostet meist nicht mehr als 20 oder 30€ und macht jedoch allen Unterschied der Welt.

 

Frag die Frau

Und schließlich: fragen Sie Ihre Partnerin oder Kolleginnen. Das Klischee trifft fast immer zu: Frauen haben einen geschulteren Blick dafür, was wirklich gut aussieht. Den eigenen blinden Fleck sieht man leider nicht. Deshalb brauchen wir Menschen in unserer Umgebung, auf deren Feedback wir uns verlassen können. Sie werden sehen: dieses Feedback wird man Ihnen bereitwillig geben, wenn Sie fragen!


Dr. Johannes Hartl

Ich bin …

Dr. Johannes Hartl und habe Philosophie, Theologie und Literaturwissenschaft studiert. Als Speaker und Autor beschäftige ich mich mit der „Philosophie des wahren Lebens“. Ich bin verheiratet und Vater vierer Kinder.

Mitglied im Deutsche Knigge-Rat, weil … 

wertschätzende Umgangsformen auf eine Kultur des Menschlichen schließen lassen, von der wir dringend wieder mehr benötigen.

Dort bringe ich meine Expertise ein für die Bereiche … 

Grundlegende Fragen: Welche Kultur wollen wir vertreten, welches Menschenbild prägt uns? Für mich tragend sind Verbundenheit, Sinn und Glaube.

In der Freizeit … 

reise ich viel und lese philosophische Bücher und klassische Literatur.

Mein Motto ist … 

„Im Hier und Jetzt wartet Lebensreichtum auf den, der wahrnehmen kann.“

Bleiben Sie auf dem Laufenden.

Blog jetzt kostenlos abonnieren!