Ein typisches Sommergericht – Die Frankfurter Grüne Soße

von | 25.06.2016 | Tischkultur

Heute möchte ich Ihnen die Frankfurter Grüne Soße, eine Spezialität aus der Region Rhein Main, in der ich nun schon seit über 35 Jahre lebe, näherbringen.

Als Junge aus dem bayerischen Vorspessart konnte ich mit diesem Gericht wenig anfangen. Aus unserem Garten zu Hause kannte ich zwar verschiedene Kräuter, wie die Klassiker Petersilie, Schnittlauch und Dill, hatte mich aber noch nicht weiter mit dem Thema auseinandergesetzt.

Grüne Soße

Foto: Shutterstock

Erst mit meiner zukünftigen Frau, der Tochter einer alten Offenbacher Gastronomenfamilie, und während meiner Ausbildung zum Restaurantfachmann, machte ich Bekanntschaft mit der grünen Soße. Diese besteht aus den sieben festgelegten Kräutern Petersilie, Schnittlauch, Kerbel, Kresse, Pimpernelle, Sauerampfer und Borretsch. Ich erinnere mich noch genau, dass es zu meiner ersten Einladung zum Mittagessen bei meinen zukünftigen Schwiegereltern die berühmte „Grie Soß“ gab. Ich wunderte mich damals, dass man eine kalte Soße zum Hauptgang isst.

Schnell merkte ich, dass meine Schwiegermutter eine begnadete Köchin ist und die grüne Soße eine ihrer großen Spezialitäten war. Sie wurde oft mit gekochter Rinderzunge und Salzkartoffeln serviert oder alternativ mit gekochtem Rindfleisch. Die Variation mit gekochten Eiern, die man sehr häufig auf Speisekarten findet, kam typisch am Gründonnerstag auf den Tisch.

Das Geheimnis meiner Schwiegermutter war, dass sie alle Kräuter durch ihren altbewährten Fleischwolf drehte. So vermied sie, dass die Kräuter matschig wurden. Außerdem war sie der Meinung, dass die Soße durch zu viel Petersilie zu herb werden würde. Daher verwendete sie nicht die gesamte Petersilie, die im Original „Grüne Soße Kräuterpaket“ eingepackt ist. Verbunden mit dem Gericht war eine ganz besondere irdene Schüssel, die nur für diese Soße verwendet wurde.

An unserem Polterabend, der in der Vorspessart-Gemeinde Sailauf stattfand, ließ es sich meine Schwiegermutter nicht nehmen diese Spezialität am späten Nachmittag selbst frisch zuzubereiten und unseren Gästen am Abend mit verschiedenem gegrilltem Fleisch anzubieten. Es war der Renner! Im Nu war die große Tonschüssel leer.

Im Frankfurter Raum wird die Grüne Soße so sehr geschätzt, dass man ihr ein Denkmal im Stadtteil Frankfurt Oberrad gesetzt hat. Sieben grünlich getönte kleine Glas-Treibhäuser mit jeweils einem der sieben Kräuter beschriftet, stehen in Reih und Glied zum Gedenken an die angebliche Leibspeise Goethes.

Ich selbst gehe am liebsten in die Kleinmarkthalle, die ein Traum und Genuss für alle Feinschmecker ist, und kaufe die Kräuter im „Grüne Soße Paket“. Auf diesem findet man ein aufgedrucktes Grundrezept.

Mein Lieblingsrezept ist die Grüne Sauce mit Rindfleisch (für 3-4 Personen):

– 1 original „Grüne Soße Kräuterpaket“

– 500-750 Gramm mageres, gekochtes, kaltes Rindfleisch

– 1 Becher Creme fraîche oder süße Sahne

– 3 hartgekochte Eier

– Salz und Pfeffer etwas Muskat

 

Zubereitung:

Die Kräuter waschen und mit einem Geschirrhandtuch trocknen.

Erst die Kräuter und dann das erkaltete Rindfleisch durch den Fleischwolf drehen.

Die gekochten Eier kleinwürfeln und das Ganze mit Creme fraîche oder süßer Sahne vermengen.

Mit Zitronensaft, Salz Pfeffer und Muskat abschmecken.

Dazu schmecken mir am besten Salzkartoffeln.

 

Die „Grie Soß“ hat eine lange Geschichte:

„Schon die Kelten haben ihre Sauermilchprodukte mit Kräutern verfeinert. Auch in römischen Kochbüchern finden sich Rezepte für eine Soße von frischen Wildkräutern.

Die Zubereitungsart hatten die römischen Eroberer aus dem Orient mitgebracht.

Später gab es in Italien die „Salsa Verde“ der Vorläufer der heutigen Pestos und in Frankreich wurde die „Sauce Verde“ und die Sauce Vinaigrette mit Öl, Essig und grünen Kräutern kreiert.

Deshalb ist es möglich, dass die Hugenotten, die sich im 17 Jahrhundert in der Region am Main niederließen die grüne Soße nach Frankfurt und Hessen brachten.“

(Quelle: Buch „Frankfurter Spezialitäten“ von Andrea Rost, Seite 39)

Bei mir zu Hause ist die grüne Sauce ein gern gegessenes Gericht im Frühling und Sommer.

 

Ihr

Manfred Lippert


Manfred Lippert

Manfred Lippert ist seit mehr als vier Jahrzehnten in der internationalen Luxushotellerie aktiv.

Der Restaurant-Meister und Absolvent der Hotelfachschule Heidelberg hat sich in seiner Laufbahn im In- und Ausland immer dem Thema Umgangsformen gewidmet. Er vermittelt sein Wissen in Kursen und moderiert von ihm entwickelte Knigge-Menüs. Für die Steigenberger Hotel Group war der Etikette-Experte für die Aus- und Weiterbildung und die Durchführung von Trainings zuständig. Zu seinen vielfältigen Aufgaben gehörten die Erarbeitung von gastronomischen Qualitätsstandards und Vermittlung interkultureller Kompetenzen.

Heute widmet er sich mit seiner eigenen Firma täglich den Fragen, rund um  das Thema aktuelle Umgangsformen und zeitgemäßeTischkultur.

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